Der Kleingartenverein mit dem schönen Namen „Uns genügt’s!“ feiert in diesem Jahr sein 105-jähriges Jubiläum. In den vielen Jahrzehnten seines Bestehens haben die Mitglieder so einiges erlebt, wie Hannelore Nierlein, Vorsitzende des Kleingartenvereins und bereits seit 1998 Mitglied des Vorstandes, zu erzählen weiß.
105 Jahre Genügsamkeit

Foto: Sarah Stoffers
Angelegt wurde die Sparte damals zur Eigenversorgung: Einige Männer aus der Husarenstraße, der heutigen Fritz-Zubeil-Straße, hatten ein Stück Wiese gepachtet, den Boden für Gärten urbar gemacht und in Parzellen aufgeteilt. Der Verein gründete sich dann 1917 mitten im Ersten Weltkrieg, erzählt die Vereinsvorsitzende Nierlein. Gepflanzt wurden vor allem viel Kohlrüben und Kartoffeln. Die Männer hätten damals, als es um die Aufteilung der Parzellen ging, so etwas gesagt wie: „Mir genügt das“. So sei später der Name des Vereins entstanden, sagt Nierlein. 2009 konnte der Verein sogar einen Preis für den originellsten Namen ergattern, den goldenen Gartenzwerg. Die Jury befand, dass der Name „mit zweieinhalb einfachen Worten das ganze Wesen des Schrebergärtners einfängt“.
Nierleins Großvater Paul Kuschinski besaß seit 1937 einen Kleingarten in der Sparte. „Gleich nachdem ich 1947 geboren wurde, war ich schon im Garten dabei, schlummernd im Kinderwagen“, erzählt die passionierte Kleingärtnerin. Ihr Opa war Schuhmacher. In seinem Garten fertigte er für viele Leute Pantoffeln oder Schuhe an, führte Reparaturen durch oder besohlte die Absätze neu. „So konnte er gleich auch das Viehzeug versorgen.“ Denn Nierleins Familie hielt im Garten Kaninchen, zwei Ziegen und zwei Schafe. Mit dem Garten verbindet die Vereinsvorsitzende viele schöne Kindheitserinnerungen. Nachdem ihr Opa verstorben war, übernahm 1951 der Vater der 74-Jährigen den Garten. Seit Anfang der 90er-Jahre kümmert sie sich selbst um die Parzelle und ist jeden Tag da. „Am schlimmsten ist für mich immer der Winter, weil ich dann nicht so viel im Garten machen kann“, sagt sie mit Blick auf ihre Beete. Das Gärtnern hat sie sogar zu ihrem Beruf gemacht. In den 60er-Jahren absolvierte sie eine Ausbildung beim damaligen Gutsbetrieb an der Alten Zauche und wurde Gärtnergehilfin. „Für mich kam nie etwas anderes infrage“, sagt Nierlein.

Foto: Sarah Stoffers
Der Verein wuchs bereits nach seiner Gründung schnell an, erzählt sie. Ende der 20er-Jahre reichte die Festwiese nicht mehr aus. Die Mitglieder bauten sich ein eigenes Vereinshaus, das 1932 eingeweiht wurde. Auch heute noch steht das Gebäude. Später wurde eine Gastronomie eingerichtet. Seit 2009 betreibt Lutz Bastian dort das Gartenlokal unter dem Namen „Uns genügt’s“. In das Jahr 1932 fällt auch die Einweihung des Vereinsbanners, das noch erhalten ist und heute seinen Platz im Gastraum des Lokals hat. Nierleins Mutter und Tante waren damals bei den Feierlichkeiten die stolzen Trägerinnen. Zum achtzigsten Vereinsjubiläum trug dann Hannelore Nierlein die Fahne zusammen mit ihrer Schwester beim großen Festumzug.
So groß wie früher ist die Kleingartenanlage heute nicht mehr. Bereits 1938 musste der Verein einen Teil seines Geländes abgeben, da eine Fabrik gebaut werden sollte. 1963 lösten sich einige Mitglieder vom Verein und gründeten die Kleingartenanlage „Grüner Winkel“. Ein Verlust für „Uns genügt’s“ war auch der Wegfall von Parzellen nach der Wende. 2002 verlor der Verein sogar rund 50 Parzellen im unteren Teil ihrer Anlage, weil dort Gewerbe entstehen sollte. Heute stehen an der Stelle Einfamilienhäuser. Die verbliebenen rund 60 Parzellen sind mittlerweile als Dauerkleingartenanlage ausgewiesen.
Nierleins Parzelle soll auch später in Familienhand bleiben. Ihre Tochter werde ihn übernehmen, denn auch ihre beiden Kinder sind in dem Garten großgeworden. Ihr Verein hat heute wieder Zuwachs. Vor allem auch junge Leute zieht es in die Kleingärten. Das kann die Vorsitzende sehr gut verstehen. „Ich hatte immer einen Garten und möchte das auch so lange machen, wie ich noch kann“, sagt sie.